Am letzten Tag ist richtig Programm angesagt. Ganz früh geht es zuerst nach Knossos. Zu einer Uhrzeit, wo die meisten noch frühstücken oder noch im Bett liegen. Anschließend werden die wesentlichen Sehenswürdigkeiten von Heraklion erkundet, wobei das eine Erlebnis beim Grab von Nikos Kazantzakis mich heute noch an einen siebten Sinn glauben lässt.
Es ist mitten in der Nacht als mein Wecker klingelt. Jedenfalls kommt mir das so vor. Draußen ist es dunkel, Nacht. Die Sterne sind noch gut sichtbar. Drinnen in meinem bescheidenen Studio ist es kalt und feucht. Ich habe meinen Wecker auf 5 Uhr morgens gestellt, mit der Absicht mein Tagespensum zu schaffen.
Das erste was ich nach dem Aufstehen mache ist, dass ich diesen nicht ganz vertrauenswürdigen Herd aktiviere und mir meinen Instantkaffee zubereite. Ich setze mich mit meinem Kaffee auf den Balkon und fange an die Sterne zu zählen. Das Meer ist kaum sichtbar – so dunkel ist es. Erstaunlicher Weise bin ich nicht der einzige Frühaufsteher. Vor dem Balkon halten in der Dunkelheit ein paar Radfahrer, die wohl auch gerade ihre Tour beginnen. Drei an der Zahl und alle mit leuchtend blinkenden hellen roten Rücklichtern und ordentlichen Scheinwerfer für vorne. Genau richtig, um die Schlaglöcher auf den Straßen Kretas zu erkennen und vor allem, um nicht von anderen in der Dunkelheit umgefahren zu werden. Prima!
Ich hatte meine Sachen am Vortag schon gepackt und das Zimmer soweit aufgeräumt, dass es nach dem Verlassen nicht peinlich wird. Nach dem Kaffee und der obligatorischen Dusche verlasse ich mein kleines Reich mit meinen paar Sachen und gehe Richtung Auto. Den Schlüssel lasse ich – für Kreta üblich – in der Zimmertür stecken. Niemand will um 6 Uhr geweckt werden, um einen Schlüssel in Empfang zu nehmen.
Knossos – Palast von König Minos
Mein erstes Ziel des Tages bringt mich zum Palast von Knossos. Ich bin extra so früh raus, weil ich gleich bei der Öffnung um 9 Uhr dort sein wollte. Wollte ich doch in relativer Ruhe diese geschichtsträchtige Ausgrabungsstätte erkunden. Und ganz im ernst. Der Besuch lohnt sich wirklich nur, wenn man in Knossos relative Ruhe hat.
Also mache ich mich von Agia Galini auf in Richtung Knossos. Google sagt eine Stunde und 40 Minuten. Ich sage 2 Stunden, inklusive entspannter Fahrt und vielleicht 1-2 Fotostopps. Google scheint noch nicht lange auf Kreta gewesen zu sein und lässt eindeutig die Entpanntheit vermissen.
Angekommen parke ich meinen Mietwagen auf dem großen Parkplatz bei Knossos und gehe Richtung Kartenhaus und lasse mir eine Kombikarte geben. Kombikarte, weil ich an diesem Tag gleich noch das archäologische Museum Heraklion besuchen möchte. Die Kombikarte kostet mich 15 Euro, was ich als fair empfinde.
Ich gehe relativ entspannt durch Knossos hindurch, lese die Erklärungen und filme und fotografiere eine ganze Menge. Und zwar ohne, dass viele andere unterwegs sind. Der frühe Vogel fängt den Wurm.
Ich lasse mir rund 2 Stunden Zeit und verlasse diesen Ort erst, nachdem es sich hier unangenehm füllt. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Besuch und kann es eigentlich nur jedem empfehlen hierher zu kommen. Allerdings nur früh, wenn es noch leer ist!
Heraklion – Roboterparken und das Grab von Nikos Kazantzakis
Nach Knossos mache ich mich auf den Weg in Richtung Heraklion. Ich aktiviere Google Maps und peile mein erstes Ziel an. Das Grab von Nikos Kazantzakis, welches sich auf der alten Stadtmauer von Heraklion befindet und von wo man einen guten Blick über die Stadt haben kann.
In der Nähe suche ich erstmal einen Parkplatz. Und ich suche. Und suche. Es ist kein Scherz, aber als ich das letzte Mal Anfang der 2000er in Heraklion war, gab es hier mehr freie Parkplätze und wesentlich weniger Autos.
Nach drei Runden um den Block gebe ich auf und fahre in ein Parkhaus. Und zwar ein ganz besonderen. Eins, welches das Auto selbst einparkt. Gleich in der Nähe vom Grab von Nikos Kazantzakis.
Am Anfang sieht das noch ganz nach einem normalen Parkhaus aus. Man fährt hinein. Dann aber kommt man zu einer besonders markierten Fläche. Einem Ort, wo man das Auto abstellen soll. Anschließend geht man daneben und zieht sich sowas wie ein Ticket. Und das ist dann auch der Zeitpunkt, wo das Auto in einer Art Fahrstuhl und Hochregallager verschwindet. Soll mir recht sein. Kein Einparken mehr. Aber dafür stecke ich den Parkschein ganz besonders gut weg – will ich doch am Ende meinen Mietwagen wieder zurück haben.
Die merkwürdige Sichtung
Ich mache mich auf den Weg zur nahen Stadtmauer. Ich folge der kleinen Straße dorthin in Richtung Grab. Im Gepäck meine Fotoausrüstung, meine Videokamera, mein Rucksack.
Es sind wenige Touristen unterwegs. Vielleicht 2-3. Dazu noch ein Pärchen. Oben angekommen orientiere ich mich zunächst und suche nach dem Weg. Neben dem Weg sind zahlreiche Blumen, fast schon ein Blumenfeld am Wegesrand. Oben angekommen entdecke ich in relativer Ferne eine einzelne Person. Tagesbräune, vielleicht 40 Jahre alt, aber älter aussehend. Auf jeden Fall jemand, der nicht ins Gesamtbild passt. Kein Tourist. Kein Gepäck, keine Tasche. Nichts in der Hand oder außer Kleidung irgendwie am Körper. Ein wenig wartend, oder auch lungernd – ohne Ziel. Mich überkommt ein etwas seltsames Gefühl. „Auf der Mauer, auf der Lauer“, denke ich mir nur!
Ich gehe weiter in Richtung des Grabs von Nikos Kazantzakis und bin oben angekommen erstaunt, welchen guten Blick man von hier über Heraklion hat. Das Grab selber ist für mich nicht so interessant. Eine große Steinplatte mir einem Kreuz darauf. Die Blumen und den Rest drumherum finde ich schon mehr interessant.
Interessant ist auch diese seltsame Person wiederzusehen. Diese, die mich weiter hinten auf dem Weg schon so gemustert hat und seinen ursprünglichen Weg in meine Richtung geändert hat. Ich bin mir sicher, dass diese Person mich hier oben noch nicht gesehen hat. Auch weil ich mich etwas hinter den Bäumen und Büschen versteckt habe und einen anderen Weg eingeschlagen habe. Jedenfalls entscheide ich mich, diesen Ort zügig zu verlassen. Und zwar so, dass der Verfolger mich nicht sieht.
Morosini Brunnen, Loggia und Agios Titos Kirche
Ich bin froh, dass ich aus dieser Situation raus bin. Und denke mir, dass man durchaus seinem Gefühl folgen soll. Ich gehe jetzt weiter in Richtung Stadtzentrum. Mein erstes Fotoziel ist der Morosini Brunnen, der sich in einer Art Fußgängerzone in Heraklion befindet. Nachdem ich hier mein Programm abgezogen habe, gehe ich weiter die paar Schritte in Richtung der venezianische Loggia. In dieser befindet sich heute auch das Rathaus von Heraklion.
Wenige Schritte entfernt befindet sich dann auch gleich die Agios Titos Kirche. Hier soll sich der Schädel des heiligen Titos, dem möglichen Begleiter des Apostel Paulus, befinden. Gesehen habe ich den Schädel nicht, und trotzdem lohnt sich ein kurzer Besuch dieser Kirche. Auch weil man hier etwas dem Trubel und Lärm der Stadt entfliehen kann.
Archäologisches Museum Heraklion
Ich gehe weiter durch die Stadt und mache mich auf den Weg zum archäologischen Museum Heraklion. Dem Ort, an dem die meisten Ausgrabungsstücke zu sehen sind und sich übersichtlich die Geschichte der Insel Kreta nachvollziehen lässt.
Dort angekommen bin ich erstmal überrascht, wie unscheinbar der Eingang ist. Hier hätte auch der Eingang zu einer Bank sein können. Oder nur der Eingang zu einer Schule. Das würde dann auch zu den zahlreichen Schulklassen passen, die hier unterwegs sind.
Innen angekommen laufe ich langsam – leider nicht entspannt – durch die Ausstellung. Gefallen tut sie mir gut. Weniger schön sind die Massen an Menschen. Aber ok, ich kann nicht alles haben. Ein leeres Knossos und ein leeres archäologisches Museum an einem Tag. Schön ist es auf jeden Fall der Geschichte Kretas durch jede ihrer Epochen hindurch zu laufen. Gefällt mir gut und ich bin mir sicher, dass ich das nächste Mal bestimmt zu einer früheren Uhrzeit wiederkomme.
Der Hafen und das venezianische Fort
Nachdem ich 2 Stunden in dem Museum war, setze ich mich erstmal ins Cafe. Gegessen und getrunken habe ich noch nicht so viel an diesem Tag. Da war eigentlich nur das spärliche Frühstück in Agia Galini. Und jetzt ist es schon früher Nachmittag.
Anschließend zieht es mich weiter in Richtung Hafen und venezianisches Fort. Ich habe mir das Ziel gesetzt, bis ans Ende der Kaimauer zu laufen und ein wenig die vom Flughafen startenden Flugzeuge zu beobachten. Was ich nicht wusste, oder was mir beim Lesen der Karte nicht so bewusst war, wie weit der Weg bis ans Ende der Kaimauer ist. Sehr weit. Oder immerhin so weit, dass ich spätestens nach dem Erreichen keine Lust auf den Rückweg hatte. Vor allem auch, weil ich zuvor schon durch die ganze Stadt gelaufen bin.
Naturkundemuseum Heraklion
Gelegentlich erwische ich mich, wie ich beim Rückweg auf meine Uhr gucke. Muss ich doch irgendwann zum Flughafen Heraklion.
Ich beeile mich also, weil ich auch noch ins Naturhistorische Museum Heraklion möchte und dort mal ein Gefühl für ein Erdbeben erhaschen möchte. Denn dort gibt es einen Raum, in dem man simuliert an ein Erdbeben teilnehmen kann.
Am Museum angekommen sehe ich nur noch jemanden die Eingangstür abschließen und stelle fest, dass ich zu spät angekommen bin. Schade, das wäre für mich ein sehr interessanter Besuch geworden.
Aber ok. Dann mache ich vor dem Museum auf einer Bank eine kleine Pause. Eine, die ich mir heute verdient habe.
Zum Parkhaus zurück und ab zum Flughafen
Ich merke, wie sich meine Rundreise dem Ende nähert. Im Gedanken gehe ich wieder in Richtung des Roboterparkhaus, um meinen Mietwagen abzuholen. Ich merke, wie ich nur noch 2 Stunden Zeit habe, um zum Flughafen zu kommen.
Nach Deutschland zurück geht es für mich noch nicht, und das ist auch gut so. Die letzten sieben Tage waren einerseits sehr intensiv mit ihren neuen Eindrücken für mich. Andererseits waren sie auch sehr anstrengend. Auch weil meine Ausflüge alle mit einer Menge Autofahren verbunden waren. Ich überlege noch, ob ich das so erneut machen würde. Ich glaube nicht. Dazu bin ich doch noch ein Stück zu viel ein Genussmensch.
Jetzt geht es erstmal darum meine Familie vom Flughafen abzuholen und weitere 10 Tage auf dieser schönen Insel Kreta zu bleiben. Genug Zeit, um mich zu erholen.
Das Gute ist, dass ich in den 7 Tagen Rundreise so viel Eindrücke und Foto- und Videomaterial für meine Webseite gesammelt habe, dass ich noch mehr als ein Jahr davon zehren kann und lange diese Eindrücke teilen kann.